Auszug aus der wehrwirtschaft 14/2020 – 6. Juli 2020
06. Juli 2020
© Copyright Mittler Report Verlag / Waldemar Geiger
06. Juli 2020
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06. Juli 2020
Die französische Beschaffungsbehörde DGA hat den Auftrag für die Systemqualifikation und Lieferung von Kommandomörsern sowie einer breiten Munitionspalette im Kaliber 60 mm erteilt. Der über 45 Monate laufende Vertrag sieht die Lieferung von insgesamt 120 M6 C-640 Mk1 Kommandomörsers und 18.000 Patronen 60-mm-Munition vor. Der Hersteller Hirtenberger erklärte gegenüber der ES&T, dass zwei Drittel dieser Vertragslaufzeit für eine Anpassungsentwicklung des Mörsers sowie die Qualifikation des Gesamtsystems (Mörser und Munition) genutzt werden sollen. Das verbleibende Drittel der Zeit soll für die Herstellung und Auslieferung der Systeme und der Munition genutzt werden.
In Rahmen der Anpassungsentwicklung soll für den M6 C-640 Mk1 Kommandomörser ein leichtes „Behelfs-Zweibein“ entwickelt werden, um den handgehaltenen Kommandomörser bei Bedarf in einen „klassischen“ Zweibeinmörser konvertieren zu können.
Als Munition wurde die 60 mm Cdo Munitionsfamilie von Hirtenberger ausgewählt. Die Cdo (Commando) Munition ist mit einem Patronengewicht von 1,25 kg rund 30 Prozent leichter als herkömmliche 60-mm-Mörsermunition. Die Reichweite der Munition beträgt bis zu 2.360 m (Spreng, Nebel und Üb) bzw. 2.060 m (Leucht). Der Auftrag beinhaltet die Lieferung der folgenden Munitionspalette:
Die Sprengpatrone ist in der Lage über 3000 Splitterfragmente zu erzeugen, wovon über 800 ein Masse von mrhr als 0.18 g besitzen. Die Leuchtdauer der Leuchtpatronen beträgt 30 Sec. (infrarot) bzw. 40 Sec. (sichtbar). Die Leuchtleistung beträgt mehr als 250.000 Candela (sichtbar).
„Dieser Auftrag ist ein weiterer Schritt für uns, als Systemanbieter auf dem Markt aufzutreten und den erfolgreichen Weg in Europa weiterzugehen“, so Martin Perka, der für Frankreich zuständige Vertriebsmanager bei Hirtenberger, gegenüber der ES&T.
Die Systeme des Unternehmens haben jüngst erst die Nutzungsfreigabe in den niederländischen Streitkräften erhalten, ES&T berichtete. Auch in Deutschland sind die Systeme immer noch im Rennen. Die Bundeswehr plant die Beschaffung von insgesamt 159 Mörsersystemen und rund 25.000 Patronen als Erstausstattung im Kaliber 60 mm. Das soll in drei separaten Schritten geschehen: Waffenanlagen, Sprengmunition und Leucht-/Nebelmunition. Die Ausschreibungen ziehen sich bereits seit Mitte des Jahrzehnts hin. Neben Hirtenberger werden auch Rheinmetall und Expal als potentielle Kandidaten für die 60 mm Mörser bzw. 60 mm Mörsermunition der Bundeswehr angesehen.
M6 C-640 Mk1 Kommandomörser
Hersteller: Hirtenberger
Kaliber: 60 mm
Länge:
· 87 cm (gesamt)
· 64 cm (ballistisch)
Gewicht Munition (Kommando): 1,25 kg
Kampfentfernung: > 2.000 Meter effektiv mit Cdo Munition
Schussfolge: 30 Schuss / Minute
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The Office of the Hungarian Government Commissioner Responsible for Defence, Defence Industries and the Coordination of Defence Modernisation announces that HDT Védelmi Ipari Kft. Company has acquired 100% of the Austrian Hirtenberger Defence Group owned by the Hirtenberger Holding GmbH, Hirtenberg, Austria.
The acquisition of Hirtenberger Defence is a vital cornerstone of the Hungarian Government strategy to grow and develop the Hungarian Defence Industry Sector.
HDT Védelmi Ipari Kft. Company will maintain and grow the current Hirtenberger Defence Group as it is and takes full responsibility for all commercial operations and commitments to employees, customers, partners and suppliers. Hirtenberger Defence will continue to operate from all its locations and carry the internationally well known brand.
„Hirtenberger Defence is globally known for its technology and performance of products. We are convinced this is driven by the outstanding people at Hirtenberger. For us, it is key to maintain and further grow Hirtenberger business, technology and its outstanding customer relations. We will maintain our operations in Hirtenberg.“ says Gáspár Maróth, Government Commissioner Responsible for Defence, Defence Industries and the Coordination of Defence Modernisation. “Our location in Middle Wallop will also play a major part of future growth of the Hirtenberger Defence Group” he added.
The Hirtenberger Management is strongly committed and will stay on board to further drive the success of the company.
From October 29th on Hirtenberger Defence Group is operating under the new ownership.
„I am very happy to have HDT Védelmi Ipari Kft as an investor, it will allow us to further grow our business, drive our key research and development programs and gain opportunities in the growing Defence Industry globally. I think we‘ll have a lot of opportunities for our customers and partners for the future“ says Carsten Barth, CEO Hirtenberger Defence.
Established in 1860, Hirtenberger Defence Systems (HDS) has a long and distinguished history of supplying the world’s leading defence forces with state-of-the-art ammunition and explosives. Leveraging cutting-edge technology and years of experience in the field, HDS has been manufacturing 60, 81 and 120mm calibre smooth-bore mortar systems for more than 50 years. HDS’s mortar bombs are of the highest combat effectiveness and provide maximum safety in hostile environments all over the world – without diminished levels of performance or durability. The product range includes all types of mortar ammunition, weapon systems, auxiliary field equipment, and aiming and sighting systems – tried, tested and in service by modern militaries the world over.
HDT Védelmi Ipari Kft is a 100% owned by the Hungarian Government.
Media contacts:
Media Center
Hirtenberger Defence Systems
Email: media.hde@hirtenberger.com
Mobile: +43 664 88 42 41 49
Download Press Release: 04 November 2019, Hirtenberg–Budapest
10. Oktober 2019
Der derzeitige Übungsbetrieb mit dem 120-mm-Mörser ist durch die Unzuverlässigkeit der alten und überlagerten Munition und den dadurch resultierenden Sperrungen einzelner Ladungen und Munitionssorten erheblich gestört. Hierzu berichtete ES&T ausführlich im Juli 2018. Nach mehrjähriger Verzögerung in dem Vorhaben hat Hirtenberger Defence Europe nun den Zuschlag für die Aufarbeitung der Altbestände der 120-mm-Munition erhalten.
Der über fünf Jahre laufende Vertrag sieht vor, dass das Unternehmen bis 2026 bis zu 70.000 Mörserpatronen aufbereitet. Ausgetauscht werden die Treibpatrone, Grundladung und die Treibladungen der aktuell überlagerten Munition. Nach Angaben von Hirtenberger wird die Munition im einsatzbereiten Zustand ausgeliefert. Die derzeitigen Einschränkungen der Munition wären somit obsolet.
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September 2019
Report: https://magazines.defensie.nl/materieelgezien/2019/09/05_in-bedrijf
Source:
Ministry of Defence
Netherlands
Materieelgezien 09/2019
21. August 2019
Wie einem Beitrag der im Juni 2019 erschienen Informationszeitschrift Materieelgezien des niederländischen Beschaffungsamtes “Defensie Materieel Organisatie‘‘ (DMO) zu entnehmen ist, wurden die beschafften M6 C-640 Mk1 Kommandomörser mit der dazu passenden Munition qualifiziert und für die Nutzung in der Truppe freigegeben. Die Nutzung des Kommandomörsers des österreichischen Herstellers Hirtenberger Defence Europe soll in den Infanterieverbänden des niederländischen Heeres, dem Korps Mariniers (Marininfanterie) und dem Korps Kommandotroepen (Spezialkräfte) erfolgen.
Das Funktionsprinzip eines Kommandomörsers ist denkbar einfach. Nach Einstellung der Entfernung zum Ziel und des verwendeten Munitionstyps am Richtmittel des Mörsers, muss die Patrone ins Rohr eingeführt werden. Nach Ausrichtung des Mörsers mittels einer Libelle (Höhen- und Seitenneigung) erfolgt der Abschuss durch Betätigung des Abzugsmechanismus. Auf der DSEi 2017 stellte Hirtenberger mit dem GRAM ein elektronisches Richtmittel vor, mit dessen Hilfe sowohl Treffgenauigkeit als auch effektive Kampfentfernung eines Kommandomörsers gesteigert werden können. Darüber hinaus ermöglicht GRAM den Einsatz des Kommandomörsers im indirekten Richten.
Bereits 2015 sind 155 Kommandomörser unter Vertrag gegangen, die Qualifizierung der Munition wurde durch Hirtenberger 2018 abgeschlossen und Anfang 2019 durch DMO mit Unterstützung der niederländischen Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung (TNO) freigegeben.
Das niederländische Beschaffungsprogramm, ähnlich der noch andauernden Beschaffung eines 60-mm-Mörsers für die Bundeswehr, hat sich äußerst langwierig gestaltet. Nachdem die nun ausgerüsteten Verbände bereits 2011 ihre Notwendigkeit für einen neuen tragbaren Mörser bekundet haben – die in Nutzung befindlichen Systeme stammen aus den 1960ern – führten mehrere Verzögerungen dazu, dass die neuen Systeme erst vor kurzem der Truppe zur Verfügung gestellt werden konnten.
Die ursprüngliche Projektdauer, so ist dem Bericht zu entnehmen, wurde auf drei Jahre geschätzt: Ein Jahr für die Ausschreibung (einschließlich Vertragsunterschrift), neun Monate Munitionsproduktion und danach anschließend ein bis eineinhalb Jahre Qualifizierung der Munition in Verbindung mit der Waffe. Letztere wurde erst 2019 durch die Niederlande freigegeben, d.h. ab dann ist das System Waffe/Munition als qualifiziert anzusehen und darf in Verwendung gehen. Die Gründe für die Verzögerung sind wohl in der besonderen Akribie der 60-mm-Qualifizierung zu finden.
Der Rahmenvertrag über die Lieferung der 60-mm-Mörsermunition wurde zwischen der DMO und Hirtenberger am 14. April 2019 unterzeichnet. (Foto: DMO)
Martin Perka, der für die Niederlande zuständige Vertriebsmanager bei Hirtenberger, verweist darauf, „dass auf eine erfolgreiche Systemqualifizierung, nach dem Tod zweier niederländischer Soldaten, wesentlich geachtet wurde. Daher kam es dann auch erst Anfang 2019 zu der Freigabe des Systems, da mehrere Prüfungsinstanzen und Freigabeschritte seitens DMO notwendig wurden.“ In der nun durchgeführten Qualifizierung wurden die Munitionssorten „auf Herz und Nieren geprüft“ und IM-qualifiziert (Insensitive Munition). Die TNO unterstützte die Herstellerfirma und die DMO bei der Qualifizierung der einzelnen Munitionssorten. Die in dem Prozess gesammelten Erfahrungen sollen bei künftigen Munitionsbeschaffungen der niederländischen Streitkräfte genutzt werden. Die DMO gibt an, den Qualifizierungsprozess von Explosivstoffen bei der Planung neuer Beschaffungsvorhaben in Zukunft deutlich stärker berücksichtigen zu wollen. Der Direktor des DMO, Vizeadmiral Arie Jan de Waard, lobt das Engagement und die Hartnäckigkeit des Projektteams für die Beschaffung dieser Waffe. “Es ist gut, dass die Waffe jetzt verfügbar ist und dass der Benutzer mit der Qualität des Systems zufrieden ist.“
Im Herbst 2017 hatte der niederländische Untersuchungsrat für Sicherheit (OVV) einen Untersuchungsbericht zum Umfall im Juli 2016 veröffentlicht, in dem zwei Soldaten gestorben sind und ein weiterer Soldat schwer verletzt wurde. Sie waren bei einer Übung in Kidal im Nordwesten Malis durch die plötzliche Explosion einer 60-mm-Mörserpatrone getötet worden. Die in dem Bericht aufgedeckten Mängel führten zum Rücktritt der damaligen niederländischen Verteidigungsministerin Jeanine Hennis und dem Befehlshaber der niederländischen Streitkräfte General Tom Middendorp.
Der OVV-Bericht machte „schwere Mängel“ im Zusammenhang mit der Beschaffung der Mörsermunition für den Tod der Soldaten verantwortlich. Die Munition wurde 2006 mit Hilfe des US-Verteidigungsministeriums unter Zeitdruck beschafft. Dabei hatte es das niederländische Verteidigungsministerium versäumt, umfassende eigene Kontrollen vorzunehmen und sich stattdessen auf die Angaben der US-Streitkräfte verlassen. Schlussendlich habe Feuchtigkeit in die Mörserpatronen eindringen können, so dass diese in Verbindung mit der in Mali herrschenden Hitze instabil und empfindlich gegenüber Erschütterungen geworden sind.
Die Erstausbildung am Hirtenberger M6 C-640 Mk1 Kommandomörser wurde durch die Firma übernommen. Sechs Ausbilder der niederländischen Streitkräfte wurden an dem System geschult und haben darauf basierende und mit niederländischen Einsatzgrundsätzen sowie Sicherheitsbestimmungen korrespondierende Ausbildungskonzepte entwickelt.
Die Nutzer zeigen sich überzeugt von der einfachen Handhabung und der Leistungsfähigkeit des Kommandomörsers. Sergant Major Martin Mulder (Korps Mariniers) – Ausbildungsleiter für die 60-mm-Mörserausbildung in der niederländischen Schule für indirektes Feuer – wird folgendermaßen zitiert: “Ich bin beeindruckt. Du kannst sehr genau bis zu 1500 Meter feuern und die Wirkung übertrifft die Erwartungen. Wirklich ein beeindruckendes Waffensystem. Vor allem, wenn es darauf ankommt, sehr effektiv. Eine kleine Gruppe kann diese 60-mm-Mörser dazu verwenden, um den Feind niederzuhalten und von der Verwendung schwerer Waffen abzuhalten. Alles in allem können wir mit diesen Mörsern sehr zufrieden sein.”
Niederländische Marineinfanteristen schießen mit dem neuen 60 mm Kommandomörser. (Video: MOD Niederlande)
Insgesamt wurden 155 Kommandomörser beschafft und ein Rahmenvertrag für die Munitionslieferung mit einer Laufzeit von fünf Jahren geschlossen. Bei Bedarf kann der Vertrag um weitere zwei Jahre verlängert werden. Die eingeführten und qualifizierten insensitiven Munitionssorten in der Standardausfertigung sind:
M6 C-640 Mk1 Kommandomörser
Hersteller: Hirtenberger
Kaliber: 60 mm
Länge:
· 87 cm (gesamt)
· 64 cm (ballistisch)
Gewicht:
· 6,4 kg (kleine Bodenplatte)
· 8,1 kg (große Bodenplatte)
Gewicht Munition: 1,8 kg
Kampfentfernung: bis zu 1.500 m (effektiv)
Schussfolge: 15 Schuss / Minute
Truppstärke: Zwei Soldaten
Nutzer:
· Infanterieverbände des niederländischen Heeres
· Korps Mariniers
· Korps Commandotroepen
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23. Januar 2019
Im SIPRI Rüstungsexport-Ranking weit hinten abgeschlagen, verfügt Österreich dennoch über eine leistungsfähige und innovative Rüstungsindustrie, welche, Presseberichten zufolge, bezogen auf die Einwohnerzahl mit den Umsätzen der deutschen Rüstungsindustrie mithalten und je nachdem, welche Aspekte eingerechnet werden, diese sogar überflügeln kann. Darunter sind auch einige Weltmarkt-/ bzw. Technologieführer.
Mit dem Ende des Kalten Krieges befanden sich viele österreichische Rüstungsunternehmen in einer ähnlichen Lage wie die restliche Rüstungsindustrie in Europa. Die heimischen Kunden – nationale Streitkräfte und Sicherheitsorgane – reduzierten ihren Bedarf. Um weiterhin erfolgreich sein zu können, mussten Exportmärkte als neue Absatzfelder erschlossen werden. Auch wenn das österreichische Bundesheer in der Bevölkerung der Alpenrepublik hoch angesehen ist, wird seitens der Politik wenig bis keine Unterstützung für die heimische Rüstungsindustrie gewährt. Ähnliche Hilfen bei der Erschließung von neuen Märkten, wie sie beispielsweise die französische oder britische Rüstungsindustrie erhalten, wird man in Österreich nicht finden.
Dem gegenüber ist besonders im infanteristischen Spektrum der österreichische Fußabdruck auf dem Weltmarkt beachtlich groß. Die Produkte und Leistungen der österreichischen Industrie werden auch in der Bundeswehr seit geraumer Zeit genutzt und geschätzt. So sind beispielsweise Glock 17 Pistolen als P9A1 seit 2014 bei den Spezialkräften der Marine im Einsatz. Neben der jahrzehntelangen Erfahrung im Bau von Einsatzpistolen und der weiten Verbreitung der Glock Pistolen im Kaliber 9 x 19 mm bei Spezialkräften weltweit, hat die Unterwasser-Kampffähigkeit sowie die Salzwasserbeständigkeit der Pistolen den Ausschlag zur Beschaffung der P9A1 gegeben.
Weiterhin hat die Bundeswehr zur Sicherstellung der Mörserkomponente bei der Quick Reaction Force in Afghanistan (ISAF) 2008 kurzfristig entschieden, 120-mm-Mörsermunition von Hirtenberger in Kooperation mit Diehl Defence als Überbrückungslösung zu beschaffen, da die eigene Munition überlagert und somit nicht mehr voll einsatzfähig war.
Hirtenberger Defence verfolgt die Strategie, das komplette Segment der Mörserei abzudecken. Neben Waffenanlagen in der kompletten Kaliberbandbreite ist man in der Lage, auch passende Feuerleitlösungen und alle passenden Munitionssorten zu liefern.
Technologisch tritt man sowohl als sogenannter „First“ als auch als „Follower“ auf. So wurde beispielsweise die vorfragmentierte Mörsermunition nicht in Österreich erfunden, doch hat man es in Hirtenberg mittels der ConFrag-Technologie (kontrollierte Fragmentierung) geschafft, eine deutliche wirkungsgesteigerte Munition zu entwickeln, welche gleichzeitig nur mit geringen Preisaufschlägen versehen ist und somit dem Credo Rechnung trägt, dass Mörser in erster Linie ein günstiges Waffensystem darstellen sollen.
„First“ ist man dagegen auf dem Gebiet der Digitalisierung der Mörserwaffe. Mit dem GRAM (Grid Aiming Mode) hat man nicht nur eine Technologie geschaffen, welche einen Commando Mörser in die Lage versetzt, schneller präzisere und wenn nötig auch indirekte Feuerunterstützung liefern zu können. In einem nächsten Schritt kann die gleiche Technologie auch auf großkalibrige Mörser skaliert und dazu genutzt werden, auf- und abgesessene Mörser in Führungsinformationssysteme zu integrieren. Das Ganze ist Herstellerunabhängig und nebenbei auch für bereits seit Jahrzehnten in Nutzung befindliche Systeme möglich.
Weiterhin verweist Carsten Barth, Geschäftsführer bei Hirtenberger Defence, besonders darauf, dass man in der Lage ist, auch Kleinserien wirtschaftlich zu produzieren. Daneben führt er aus, dass das Produkt Mörser samt der dazugehörigen Munition recht simpel ist, die Technologie dahinter ist es nicht. So sorgen beispielsweise immer strengere Umweltauflagen und sonstige Verordnungen dafür, dass für die Produktion notwendige Komponenten verboten werden. Das Unternehmen muss aber dennoch in der Lage sein, innerhalb kurzer Zeit Alternativen zu erarbeiten und diese in die Serienproduktion zu integrieren. Man ist daher stolz auf dieses Know How und diese Fähigkeit. Auch große Rüstungskonzerne gehen daher immer wieder Kooperationen mit Hirtenberger ein und lassen einzelne Munitionssorten oder Komponenten aus Hirtenberg in Ihre eigenen Produkte einfließen.
Da derzeit in der Bundeswehr sowohl Ausschreibungen für die Umlaborierung der überlagerten 120-mm-Mörsermunition als auch für einen 60-mm-Mörser samt Munition laufen, versucht auch Hirtenberger in Kooperation mit Diehl Defence wieder einen Fuß in die Mörserei der Bundeswehr zu bekommen. Da Litauen und die Niederlande als enge Partnernationen der Bundeswehr derzeitig Munition und Waffenanlagen von Hirtenberger nutzen, könnte der Rückgriff auf gleiche Systeme die Interoperabilitätsfähigkeit der Bundeswehr in diesem Bereich deutlich steigern.
Die genannten Beispiele zeigen den hohen technologischen Stand der österreichischen Hersteller für die Infanteriebewaffnung. Diese konnten sich über die Jahrzehnte, trotz mangelnder Unterstützung seitens der heimischen Politik, auf dem Weltmarkt etablieren. Sollten sich die Produkte im Wettbewerb durchsetzen, könnte in Zukunft auch die Bundeswehr von dieser Kompetenz profitieren.
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17. Januar 2019
Carsten Barth wurde im Dezember 2018 in die Geschäftsführung aller Hirtenberger Defence Einheiten berufen.
Damit einhergehend ist er ins Direktorium der Hirtenberger Defence Technology aufgerückt. Barth hat zuletzt den Posten als Vizepräsident Sales & Marketing bei Hirtenberger Defence ausgeübt.
Hirtenberger Defence ist ein weltweit agierender Entwickler, Hersteller und Anbieter von Mörsersystemen und der dazugehörigen Munition im Kaliberspektrum 60, 81, und 120 mm.
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1. November 2018
Hirtenberger Defence Europe (HDE) führte jüngst eine Serie von internen Testschießen am Schießplatz Felixdorf durch. Bestandteil der Testserie waren technische Abstimmungen des Super Rapid Advanced Mortar System (SRAMS) im Kaliber 120 mm von ST Engineering und die Hirtenberger 120-mm-Mörsermunition sowie die Ausbildung der HDE-Bedienmannschaft an dem automatisierten Mörsersystem. Erst im Juni wurde auf der Eurosatory in Paris zwischen HDE und ST Engineering vereinbart, den SRAMS in Europa gemeinschaftlich zu vermarkten. Mit einem Systemgewicht von unter 1,2 t und einem Rückstoß von maximal 26 t (beim Verschuss mit höchster Ladung) kann der SRAMS auch auf leichte Fahrzeuge integriert werden. Ein weiteres Testschießen unter Beteiligung eines internationalen Fachpublikums ist für September 2018 geplant.
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20. September 2017
Für Disruption bzw. disruptive Technologien gibt es keine einheitliche Definition. Bekannt aus der Tech-Szene des Sillicon Valley wird diese Begrifflichkeit häufig auf Technologien angewendet, sobald diese das Potential besitzen, etablierte Produkte in ihrem Segment zu revolutionieren. Durch Digitalisierung ursprünglich analoger Produkte werden diese beispielsweise in die Lage versetzt, ein erheblich höheres Potential zu entfalten. Nichts anderes verspricht die Integration eines elektronischen Richtmittels für den Kommandomörser.
Der Kommandomörser an sich ist sehr einfach erklärt. Ein Rohr mit Bodenstück und eine 60-mm-Mörserpatrone bilden das gesamte Waffensystem. Gezielt wird mittels Ausrichtung des Rohres in Zielrichtung per Hand. Die Neigung des Rohres und Anzahl der Treibladungsringe an der Patrone bestimmt die Entfernung, die die abgefeuerte Patrone zurücklegt. Ziele lassen sich so bis zu einer Entfernung von ca. 1.500 m effektiv und vergleichsweise schnell bekämpfen. Auf Distanzen jenseits der 500 m birgt die grobe Ausrichtung des Rohres per Hand Fehlerquellen für die Zielgenauigkeit der Waffe. Selbst geübte Mörsertrupps benötigen dann mehrere Schüsse, um die Wirkung ins Ziel zu bringen. Mit erhöhtem Stressfaktor (Erschöpfung, Feindbeschuss, erhöhtem Puls durch körperliche Anstrengung, …) wächst sowohl die benötigte Munitionsmenge als auch der Zeitbedarf für die Zielbekämpfung.
Hier setzt Hirtenbergers auf der DSEI präsentiertes elektronisches Richtmittel an. Bei nur 900 g Gewicht kombiniert das GRAM (GRid Aiming Mode) mehrere Lagesensoren für die Lagebestimmung des Rohres im Raum und eine kabellose Schnittstelle für die Kommunikation mit der Recheneinheit. Am Rohr mittels einer Schelle befestigt, ermöglichen die integrierten Lagesensoren eine deutlich genauere Bestimmung der Seiten- und Höhenneigung des Rohres, als dies mittels klassischer Libellen erreicht werden kann.
Die präzise Ausrichtung des Rohres als der treibende Faktor für die Zielgenauigkeit des Kommandomörsers, wird somit merklich verbessert und bedingt auch einen geringeren Zeitbedarf und Munitionsansatz für die Zielbekämpfung. Schützenbedingte Fehlschüsse entfallen, die damit verbundenen Kollateralschäden werden soweit wie möglich vermieden. Die effektive Reichweite wird ebenfalls gesteigert, da die höhere Treffergenauigkeit die Bekämpfung weiter entfernter Ziele zulässt.
Höhere Bekämpfungsgeschwindigkeit und gesteigerte Präzision alleine machen den Kommandomörser zwar besser, aber für die Einstufung der Technologie als distruptiv reicht dies nicht aus. Zum 2.0 wird der Kommandomörser dadurch, dass eine direkte Sichtverbindung des Mörserschützen zum Ziel nicht mehr notwendig ist.
Was sich nach wenig anhört, birgt in der Tat aber das größte Potential dieser Technik. Eine direkte Sichtverbindung bedeutet in erster Linie Gefahr. Für den Einsatz des Kommandomörsers musste bis jetzt Ziel, Rohr und Schütze in eine Flucht gebracht werden. Sowohl Mörser als auch der Schütze waren exponiert und konnten somit vom Feind aufgeklärt und in letzter Konsequenz auch bekämpft werden. Mit Hirtenbergers neuem System entfällt dieser Faktor. Eine Exposition einer deutlich geringeren Körpersignatur zur Ziellageermittlung mittels klassischer Hilfsmittel (Doppelfernrohr, Karte und Kompass) oder moderner Beobachtungsmittel wie einem Laserentfernungsmesser reicht nun für den Einsatz des Waffensystems aus. Schütze und Waffe können hinter einer Deckung verbleiben.
Damit ist das Potential des GRAM jedoch noch nicht erschöpft. Da der Einsatz der Waffe nun nicht mehr von der Flucht des zielenden Auges, des Mörsers und dem Ziel abhängt, sind auch weitere Einsatzverfahren für das System denkbar. Der Kommandomörser ist nicht mehr auf das direkte Richten limitiert, das GRAM befähigt den Kommandomörser zum indirekten Richten.
Während der in einen Infanteriezug eingegliederte Mörsertrupp sich beispielsweise noch auf dem Marsch befindet und infanteristisch korrekt das sich bietende Gelände als Deckung ausnutzt, hat ein zur Überwachung eingesetzter Scharfschützentrupp eine potentielle Flankenbedrohung aufgeklärt. Mittels seines Laserentfernungsmessers und des eigenen GPS ermittelt der Trupp in wenigen Sekunden die genaue Position des Zieles. Da sich das Ziel außerhalb der Reichweite des Scharfschützen befindet oder der Scharfschütze seine Stellung durch direkte Bekämpfung des Zieles nicht preisgeben will, kann der Scharfschütze die feindliche Position mittels Daten- oder Sprechfunk direkt an den Mörsertrupp übertragen. Während der Richt- und Ladeschütze die Waffe innerhalb weniger Sekunden zum Einsatz vorbereiten, verarbeitet der Truppführer die Zielmeldung mittels der Recheneinheit zu einem Feuerkommando (Richtungswinkel, Erhöhung des Rohres und Anzahl der Treibladungsringe) für seinen Trupp. Nur wenige Sekunden nach Anforderung des Mörserfeuers durch den Scharfschützen verlässt die erste Patrone das Mörserrohr.
Das System Elektronisches Richtmittel befähigt den Kommandomörser zum indirekten Richten und besteht aus einem datenfunkfähigen Beobachtungsmittel, einem Ballistikrechner und dem GRAM. (Foto: Hirtenberger Defence Systems)
Fehlschüsse sind bei sachgerechter Bedienung des Systems nur noch durch externe Faktoren (bspw. Wetter) möglich. Im besten Fall, also der Nutzung von Datenfunk und dem Vorhandensein eines idealen Einsatzwetters (Windstille in allen Höhenschichten), ist der ganze Prozesse in zwei bis drei Minuten abgeschlossen, und alle Beteiligten können sicher ihrem ursprünglichen Auftrag nachgehen.
Der Charme des Systems liegt in seiner Add-On Fähigkeit. Der Nutzer entscheidet, ob er den Kommandomörser klassisch oder digitalisiert nutzen will, indem er das Richtmittel an den Mörser schnallt oder eben nicht. Die Grundfunktionalität des Mörsers ist davon in keiner Weise betroffen.
Da jegliche 60-mm-Munition mittels einer Integration der jeweiligen ballistischen Daten in den Ballistik-Rechner abgebildet werden kann, können bereits eingeführte Kommandomörser, auch bei Nutzern von Munition anderer Hersteller, sehr einfach kampfwertgesteigert werden.
Das volle Potential, bezogen auf Gewichtsreduzierung bei gleichbleibender Wirkung, entfaltet das System bei der Nutzung der hauseigenen Commando Munition (60 MM CDO), welche eine gleichwertige Wirkung wie die klassische 60-mm-Spreng-Patrone bei ca. 30 Prozent weniger Gewicht aufweist. Der Hersteller arbeitet daran, diese Patrone mittels der hauseigenen ConFrag Technologie (kontrollierte Fragmentierung) hinsichtlich der Wirkung noch weiter zu optimieren. Bei gleichbleibendem Gewicht wird davon ausgegangen, dass eine Wirkungssteigerung (Letalität) von mehr als 50 Prozent erreicht wird. Die Qualifizierung der Patrone soll Unternehmensangaben nach Ende 2017 abgeschlossen sein.
Eine einfache Rechnung lässt das Potenzial des Systems erahnen: Bezogen auf die aktuelle Truppbewaffnung mit einem Kommandomörser trägt der Mörsertrupp ca. 30 kg an Gewicht (Kommandomörser ca. 10 kg und 10 Patronen a ~1,79 kg). Mit der neuen Kombination wären es nur 24 kg (Kommandomörser, Richtmittel und 10 Patronen a ~ 1,25 kg), neben der Gewichtsreduzierung verspricht man sich eine um 50 Prozent höhere Wirkung (letale Wirkung gegenüber eine Standard 60mm HE-Patrone) bei deutlich gesteigerter Präzision, Ersttrefferwahrscheinlichkeit und Bekämpfungsgeschwindigkeit erreicht, ohne dabei Einbußen in der Reichweite zu haben.
Die nächsten Entwicklungsschritte sind bereits angestoßen. Ein Vertreter des Unternehmens zeigte auf der DSEI auf, dass das elektronische Richtmittel neben der primären Funktion der Leistungssteigerung des Kommandomörsers noch weiteres Entwicklungspotential aufweist. So ist Hirtenberger derzeit unter anderem damit beschäftigt, das System Elektronisches Richtmittel (Beobachtungsmittel in Kombination mit Datenfunk, ballistischem Rechner und elektronischem Richtmittel) ergänzend als vollwertigen Handlungs- und Verfahrenstrainer und Simulator für die Life-Simulation für den Verbund Beobachter (Zugführer Infanterie, Scharfschütze, Kommandosoldat, STF-Beobachter oder Truppführer Mörser) und Kommandomörsertrupp zu entwickeln. Die Fähigkeiten der dafür notwendigen Kommunikation zwischen den einzelnen Elementen sind bereits implementiert. Gearbeitet wird an einer Möglichkeit der Darstellung simulierter Treffer im Zielgebiet. Dies könnte sowohl über pyrotechnische Mittel oder mittels einer Virtual-Reality-/Augmented-Reality-Brille für den Schießenden (Beobachter oder Mörsertrupp) erreicht werden.
Mit dem GRAM könnte Hirtenberger ein großer Wurf gelungen sein. Während sich die Mittbewerber auf die Optimierung von Munition (bzgl. Gewichtsreduzierung, Wirkung, Zielgenauigkeit und Lenkfähigkeit) sowie die Integration und Automatisierung von großkalibrigen Mörsern in moderne Plattformen konzentrieren, hat das österreichische Systemhaus für Mörser einen Weg gefunden die Leistungsfähigkeit des weitverbreiteten 60-mm-Mörsers schnell und unkompliziert zu steigern.
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